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Die Mönche des schwarzen
Kreises
von Boris Cormac
Die Dunkelheit in dem kargen, zellenartigen Raum
verschwand wie fortgewischt. Ein düsteres, rötli-
ches Glühen trat an ihre Stelle. Die Quelle war
nicht auszumachen. Das seltsame, magisch wirken-
de Licht kam von überall her. Aus der Decke und
aus den Wänden. Selbst der gestampfte Lehmboden
strömte es aus.
Eine schmale Tür öffnete sich. Die Gestalt, die den
Raum betrat, war in eine lange, schwarze Kutte
gehüllt. Das Gesicht lag im Schatten einer weiten
Kapuze. Die schmalen, knochigen Hände trugen ein
bronzenes Becken, dem zarte Rauchschwaden ent-
stiegen.
An der Stirnseite des Raumes stand ein altarähnliches Gebilde. Der
rotgeflammte Marmorblock hatte ziemlich genau die Form eines
Würfels. Seine Kantenlänge mochte etwa vier Fuß betragen. Aus
den Ecken der Deckplatte wuchsen vier aus schwarzem Marmor ge-
hauene Skulpturen in die Höhe. Sie stellten Wesen dar, die einer ir-
ren Fantasie entsprungen sein mußten. Schlangenhäupter saßen auf
den Rümpfen von geflügelten Drachen. Die großen Rubinaugen
wirkten auf seltsame Art lebendig und strahlten eine Aura düsterer
Drohung aus. Die nach oben gereckten Tierhäupter trugen eine fin-
gerdicke Platte. Sie war von einer unheimlich anmutenden Schwär-
ze – noch schwärzer, als das seelenlose Dunkel zwischen den Ster-
nen. Das Material, aus dem die Platte bestand, war weder Stein noch
Metall. Es war überhaupt keine Materie, sondern verdichtete dämo-
nische Energie. Kälte strömte von ihr aus. Nicht die Kälte, die kör-
perliches Unbehagen verursacht, sondern jene, welche die Seele frie-
ren läßt.
Der Mann in der Kutte ging auf den Altar zu und stellte das Bronze-
becken auf das Hexagramm in der Mitte der Platte. Die magische Fi-
gur glühte in einem feurigen Licht auf. Es umwaberte das Gefäß wie
ein grellroter Flammenkranz.
Der Magier verharrte unterdessen im Zustand tiefster Meditation.
Die Minuten tropften dahin. Stille herrschte. Aber diese Stille wurde
von Augenblick zu Augenblick drückender, lastender. Die Vorberei-
tungen zur Eröffnung der finsteren Zeremonie schien die dunklen
Wesenheiten der Tiefe aus ihrem Schlaf zu reißen und hierher zu ru-
fen.
Der dem Becken entsteigende Rauch wurde dichter. Nur wenige
Sekunden später kam Bewegung in die stille Gestalt. Die Augen öff-
neten sich zu einem funkelnden Blick, der sich auf den brodelnden
Inhalt des Gefäßes richtete. Dann hoben sich die Hände und glitten
durch die Luft, als seien es selbständige Lebewesen. Finger spreizten
sich ab und schrieben blitzschnell Ketten von Zeichen in die Luft.
Dem Mund des Mannes entströmte ein monotoner, psalmodieren-
der Singsang. Der Oberkörper bewegte sich im Takt nach vorne und
wieder zurück.
Die Beschwörung näherte sich ihrem Höhepunkt. In dem Bronze-
becken glühte es jäh derartig grell auf, als ob sich eine Miniaturson-
ne darin befände. Die Rauchschwaden verstärkten sich, wurden zu
dichten, schwarzen Wolken. Obwohl die Luft nicht von dem leises-
ten Windhauch bewegt wurde, tanzte der dunkle Nebel hin und her.
Doch je weiter die Beschwörung voranschritt, um so mehr kehrte
Ruhe ein. Zuletzt hing die schwarze Wolke bewegungslos, wie ein
dickes, schwarzes Tuch, über dem Altar.
In diesem Augenblick brach der Strom dämonischer Formeln ab.
Gleich darauf stieß der Magier einen lauten, gellenden Schrei aus.
Abschließend folgten zischende Worte einer Sprache, die unmöglich
für menschliche Lippen geschaffen sein konnte. Die magische Hand-
lung endete mit einem lauten, befehlenden Ruf.
Kaum war dies geschehen, als wieder Bewegung in die Schwärze
kam. Aber diesmal eine Bewegung, die einem übergeordneten Plan
zu gehorchen schien. Die dunkle Wolke formierte sich, teilte sich in
sechs klumpige Gebilde. Doch dabei blieb es nicht. Blitzschnell bil-
deten sich Konturen. Gleichzeitig verdichtete sich das Phänomen,
menschliche Gestalten wurden sichtbar. Zuerst noch ätherisch wir-
kend, aber sich rasch verfestigend.
Ein dumpfer Knall ertönte, als die materialisierenden Körper die
Luft verdrängten. Es war geschehen! Die Mönche des schwarzen
Kreises hatten sich zusammengefunden, gerufen von ihrem Ober-
herrn. Sie waren uralt, existierten schon seit einer Zeit, als die Men-
schen noch in Höhlen hausten. Die letzten einer Rasse, die auf einer
seit Äonen vernichteten Welt gelebt hatten. Nur ihre obersten Pries-
ter hatten es mit ihren überragenden magischen Fähigkeiten ver-
standen, die Koordinaten einer geeigneten Welt zu finden und sie
mittels Teleportation zu erreichen.
Als sie auf der Erde materialisierten, fanden sie eine Welt, die wie
geschaffen für sie war. Eine Welt mit Geschöpfen, die eines fernen
Tages so werden mußten wie sie. Und das war ihre Aufgabe! Sie er-
forderte viel Zeit – lange Jahrtausende. Doch das störte sie nicht,
denn sie hatten den Tod überwunden!
Und sie nutzten die Zeit. Die dunklen, dämonischen Strömungen,
die sie aussandten, sorgten dafür, daß der Dämonisierungsprozeß
zwar langsam und unmerklich, doch unerbittlich voranschritt. Da-
bei unterließen sie nichts, alles das auszuschalten, was in der Lage
gewesen wäre, ihre finsteren Pläne zu stören. Mit ihren hochsensi-
blen geistigen Fühlern woben sie ein Netz über die Erde, das sie al-
les erkennen ließ und in dem sich jede feindliche Aktivität verfan-
gen mußte.
Heute war das eingetreten, was seit vielen Jahrhunderten nicht
mehr passiert war: Ngog ßlan Orl befahl seine Brüder zu sich, benö-
tigte ihre Hilfe. Nur ein sehr bedeutsamer Störungsfaktor konnte ihn
zu dieser ungewöhnlichen Maßnahme veranlaßt haben.
Die Mönche hatten eine geistige Stufe erreicht, die sie dazu befä-
higte, sich auf telepathischem Wege unterhalten zu können. Das war
bequemer und nahm vor allen Dingen nur einen Bruchteil der Zeit
in Anspruch, die für das körperliche Hören aufgewendet werden
mußte. Jeder von ihnen »dachte« und wurde sofort von den anderen
verstanden. Selbstverständlich wäre eine solche »Unterhaltung«
auch dann möglich gewesen, wenn sie über Kontinente hinweg von-
einander getrennt gewesen wären. Daß Ngog ßlan Orl sie trotzdem
herbestellt hatte, war einem anderen Grund zuzuschreiben. Der von
ihm geplante Angriff war nur gemeinschaftlich, als geschlossene
körperliche Gruppe, möglich.
Der Oberherr machte nicht viele Worte, keine langatmigen Begrü-
ßungen und Äußerungen der Freude über das Wiedersehen. Solche
Gefühle waren diesen Geschöpfen fremd. Sie dachten nur in logi-
schen Kategorien – und handelten entsprechend.
»Ein neuer, magischer Pol hat sich gebildet«, sagte Ngog. »Er wird
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